SAP kündigt in der sogenannten ‚simplification list‘ zur Einführung von S/4 HANA seit 2016 zur Funktion des SOP Sales Operation Planning (mit der eine ECC-seitige Absatzplanung möglich wäre) im Modul PP an, dass diese obsolet wäre und man doch besser die entsprechende Funktionen in SAP IBP nutzen möge.
SAP setzt somit in Zukunft, nach der Aufkündigung des Supports für APO DP und SNP, strategisch nur noch auf die neu positionierten cloudbasierten Planungslösungen. Wir wenden uns daher direkt SAP IBP for Demand zu und versuchen zu erklären, wie diese relativ neue Software (seit ca. 2015 verfügbar) in der Integration mit SAP ERP arbeitet und den so notwendigen wie fehlenden Absatzplan im ERP-System liefern kann.
Der Absatzplan in SAP IBP for Demand
In der Tat ist an SAP IBP for Demand so ziemlich alles anders was man aus der ERP SAP ECC Lösung bisher kannte. Das Gleiche gilt dann auch für IBP for Inventory und IBP for Sales and Operations
- Es ist eine cloudbasierte Lösung
- Die Oberflächen arbeiten durchgängig mit der neuen Benutzeroberfläche ‚FIORI‘
- Die eigentliche Tagesarbeit des Planers findet zum größten Teil in EXCEL statt
- Genau genommen arbeiten mehrere Planer aus Finanz, Marketing, Vertrieb und Planung kollaborativ zusammen mit einer Software namens SAP-JAM
- Die Software nutzt ausschließlich HANA als Datenbank
- Reports, KPI und Alerts werden in den sogenannten ‚Embedded Analytics‘ verarbeitet
- Schnittstellen zum ERP-System benötigen eine weitere cloudbasierte Lösung namens CPI-DS, wobei CPI für ‚Cloud Platform Integration‘ steht
- Customizing gibt es nicht (nicht im Sinne von fest vordefinierten Customzingtabellen)
- Programmierung ist auch nicht vorgesehen
- Die Lösung ist, was Stammdatenobjekte, Planungsmerkmale und -ebenen sowie Kennzahlen angeht, hochflexibel konfigurierbar
PROZESSÜBERBLICK IN IBP FOR DEMAND
Vereinfacht ausgedrückt liefert die Komponente SAP IBP for Demand einen unternehmensweiten Absatzplan oder auch nur für ausgesuchte Produkte und Werke. Die einzelnen Elemente entsprechen genau genommen einem ERP Planprimärbedarf eines Materials in einem Werk. Und das ist im Wesentlichen auch das wichtigste Ergebnis von Demand Planning im IBP, wenn man auf eine Weiterverarbeitung im IBP Supply Planning verzichtet (andernfalls wäre die Erzeugung eines rein kundenbezogenen Absatzplanes als sogenannter „Konsensus-Bedarf“ möglich, der erst innerhalb der Supply Chain Planung auf die einzelnen Werke verteilt wird).
Hierzu stellt die Komponente einen Prozess und wichtige ergänzende Werkzeuge zur Verfügung, die es in dieser Konsistenz in SAP ERP nicht gibt.
DER IBP-ABSATZPLANUNGSPROZESS IM DETAIL
Vorbedingung:
Es werden aus dem ERP System die zu planenden Produkte, die zu planenden Werke (Lager oder Fertigung), die Kunden und / oder Regionen sowie weitere planungsrelevante Attribute zu diesen Schlüsselmerkmalen geladen.
Außerdem werden tatsächliche Kundenaufträge, Lieferungen oder Umsätze in aggregierter Form als Absatzhistorie geladen
Historical Data Cleansing
Dieser Schritt kann, muss aber nicht erfolgen. In einer Ex-post-Prognose werden geglättete Ex-post-Prognosebedarfe pro Periode (z. B. Monat) ermittelt. Diesen werden die tatsächlichen Verkäufe bzw. Abgänge gegenübergestellt, und es besteht die Möglichkeit, Ausreißer zu bereinigen, die für zukünftige Perioden keine Rolle spielen sollen.
Statistical Forecast
Jetzt werden die Prognosebedarfe für z. B. 12 oder 24 Monate in die Zukunft berechnet. Im Gegensatz zu ERP stellt SAP IBP mehr Prognosemodelle zur Verfügung, es werden alle statistisch relevanten Fehlerwerte festgehalten und automatisch dem Planer in Embedded Analytics als Report, KPI oder Alert in einem Dashboard zur Verfügung gestellt. Vereinfacht gesagt hat man jetzt einen ersten Roh-Absatzplan zur Verfügung.
Demand Sensing
Bevor die verschiedenen Planer aktiv den langfristigen Absatzplan gestalten wird in einem kurzen Zeitraum der Zukunft (ca. drei Monate) wiederum unterstützt durch mathematische Modelle die nahe Vergangenheit auf signifikante Abweichungen von Prognose und tatsächlichen Verkäufen untersucht und gegebenenfalls die gesamte Zeitreihe der Zukunft, besonders aber die Prognosebedarfe der nächsten drei Monate systematisch korrigiert.
Demand Planning - der Absatzplan entsteht
Mehrere Parteien können, müssen aber nicht, an den Ergebnissen des Statistical Forecast arbeiten. Typischerweise wird der Input von bis zu vier Abteilungen verarbeitet:
- Lokale Planer überprüfen den Absatzplan in zugeordneten Werken
- Globale Planer überprüfen den gesamten Absatzplan
- Marketingplaner können spezielle Ereignisse (Promotions, Messen) korrigierend in den Plan einarbeiten
- Vertriebsplaner können den Plan aus ihrer Sicht korrigierend überarbeiten
Im Ergebnis kann es dann für ein Produkt oder eine Produktgruppe vier oder mehr unterschiedliche Absatzpläne geben. Es ist einleuchtend, dass hier noch ein wichtiger Schritt der Konsolidierung fehlt.
Integration der Finanzsicht - der Absatzplan ist synchron in Menge und Wert vorhanden
Da die IBP-EXCEL Planungssicht jederzeit die Möglichkeit bietet, Wert und Menge synchron zu betrachten, auch jederzeit Preise und Währungen zu ändern, kann hier auch der Finanzplan mit dem für Logistik und Vertrieb relevanten Plan synchronisiert werden.
Consensus Demand
Durch die Nutzung von z. B. SAP JAM sehen alle Parteien das Gleiche, alle Parteien haben somit auch die Möglichkeit zum Abschluss der Planung sich auf einen Konsens zu einigen und dieser ‚Consensus Demand‘ ist dann auch der gültige Absatzplan für die betroffenen Werke und Materialnummern.
Ergebnis:
Der Absatzplan kann an dieser Stelle in das ERP System gespielt werden und die bis dato nicht vorhandenen Planprimärbedarfe stehen für Verfügbarkeitsprüfung und Materialbedarfsplanung zur Verfügung.
Im IBP ist der Prozess noch nicht beendet: Bestandsoptimierung und Netzwerkplanung können das Zwischenergebnis noch einmal, teils deutlich, verbessern. Dazu mehr in den beiden nächsten Artikeln der Serie.
IBP-WERKZEUGE IN DER ABSATZPLANUNG
IBP bedient sich in der Planung einiger Werkzeuge, die in dieser Form im ERP nur teilweise oder gar nicht zur Verfügung stehen.
- Kennzahlen sind das Kernstück der Berechnungen. Absatz, Liefermenge, Verkauf, Auslastung … für alle möglichen Zwecke, um jede gewünschte Planungsgröße in der Supply Chain zu beziffern. Diese Kennzahlen haben noch zwei wichtige Eigenschaften zu bieten: Planungsebenen sowie Aggregation/Disaggregation. Planungsebenen ermöglichen als Beispiel eine Produktgruppe global zu planen und die Auflösung in Werke, Kunden und Produkte kann automatisch erfolgen (Disaggregation) oder umgekehrt kann die Planung z. B. auf Werksebene zu einem globalen Absatz summiert werden, wie es der Planungsprozess jeweils erfordert.
- Prognosemodelle sind ein wesentlicher Teil der Planung. Egal welches Modell gewählt wird, es stehen immer eine Reihe von Kennzahlen zu Fehlern, Abweichung oder Volatilität nach der Prognosedurchführung zur Verfügung
- EXCEL als Werkzeug: Die Planung selbst findet zum großen Teil in EXCEL statt. Zur Vereinfachung können EXCEL-Templates für verschiedene Planungsschritte verwendet werden. Der Planer muss sich also nicht mit den Details von EXCEL auseinandersetzen. Die gesicherten Ergebnisse wiederum sind aber in SAP IBP HANA festgehalten. Lokale EXCEL-Kopien sind zusätzlich möglich.
- Simulationen und Vergleiche in EXCEL: Aus einem Basisplan lassen sich diverse Versionen ableiten.
- Analysetools analog ‚Embedded Analytics‘ werden integriert zur Verfügung gestellt. Üblicherweise können aus Kennzahlen relativ einfach und schnell Reports mit Listen und Grafiken erstellt werden. Durch Vergleich von Kennzahlen sind Alerts und KPI ebenfalls schnell zu erstellen. Reports, Alerts und KPI können dann in einem Dashboard zusammengefasst werden.
- SAP-JAM ermöglicht die Kollaboration. Ähnlich Microsoft Sharepoint arbeiten verschiedene Personen an verschiedenen Orten mit dem gleichen Template und der gleichen Planversion und kommen im Ergebnis zum erwähnten ‚Consensus Demand‘
Weitere Details sprengen den Rahmen dieses Beitrags. Wichtig ist die Erkenntnis, dass sich IBP for Demand neben IBP for Sales & Operations als bis dato am weitesten verbreitete und akzeptierte Bausteine von SAP IBP etabliert haben und tatsächlich ein weit umfangreicheres Instrumentarium zur Erstellung eines Absatzplans zur Verfügung stellen, als es auch nur ansatzweise im SAP ERP-System bekannt ist.
KUNDENNUTZEN
Die Vorteile, die sich aus der richtigen Planstrategie und einem optimierten ATP-Check auf Basis eines optimieren Absatzplans ergeben, sind unmittelbar ersichtlich:
- Die bestätigten Mengen und Zeitpunkte der Planprimärbedarfe sind deutlich korrekter als bisher und vermeiden falsche Kundenzusagen und damit Unzufriedenheit beim Kunden.
- Es gibt einen transparenten und konsistenten Plan für alle an der Unternehmensplanung Beteiligten
- Im IBP ist die Möglichkeit gegeben auf dem Absatzplan basierend auch die Bestands- und Angebotsoptimierung in der Lieferkette durchzuführen
- Ein Projekt, das sich in der ersten Phase auf IBP for Demand beschränkt ist mit überschaubaren Ressourcen und Zeitplan durchführbar